Close map
/ Achterbahn um die Welt

Medellín

Kolumbien, 15. August 2023
Wenn Hirn und Herz sich streiten

Hirn sagt: „Nur noch 24 Tage, 16 Stunden und 4 Minuten! Endlich sind wir dann wieder zurück im wohl organisierten, aufgeräumten und strukturierten Deutschland!“ Herz entgegnet: „Du weißt schon, dass dann der große Traum der Weltreise endgültig und für alle mal vorbei ist?!“

Wenn Hirn und Herz sich streiten, ist das ganz schön nervtötend. Seit dem der Rückflug gebucht ist, sitzen die beiden wie Engelchen und Teufelchen auf unseren Schultern und quaken unentwegt mit lauter Stimme. Das Hirn freut sich auf Routine und Alltag, auf Geld verdienen und einen gesicherten Schlafplatz. Auf einen vollen Kühlschrank und eine Waschmaschine, die sobald man den Knopf drückt, ihre Arbeit vollbringt. Das Herz jedoch, krallt sich noch mit aller Kraft an die Freiheit fest, die solch eine Reise mit sich bringt und an all die Abenteuer die erlebt werden können. Soll es das nun wirklich gewesen sein? Die beiden machen uns die Reise durch Kolumbien nicht leicht, denn oftmals sind wir schon mit einer Gehirnhälfte daheim und können das unbeschreiblich aufregende Land gar nicht richtig genießen. Während wir also so durch Medellin schlendern, werden wir von unserem stressigen Gehirn darauf hingewiesen, dass wir uns noch um unsere Kfz-Anmeldung, die Krankenversicherung und um einen neuen Handyvertrag in Deutschland kümmern müssen. Und was ist eigentlich mit dem ersten Arbeitstag?! Sollte der nicht auch mal organisiert und besprochen werden? Das Herz versucht uns dann wieder zu zeigen, was es in Medellin alles zu entdecken gibt: Das ehemals von Kartellen dominierte Viertel der Communa 13, die Seilbahnen, die höher gelegene Stadtviertel erreichen und äußert dubiose Straßen, von denen wir nicht wirklich wissen was hier vor sich geht. Auf unseren Streifzügen durch die Stadt kommen wir an jeder Ecke an heruntergekommenen Schlendrianen vorbei. Die Einen suchen Essensreste in Mülltonnen, die Nächsten liegen weggetreten auf staubigen Treppenstufen. „So werdet ihr enden, wenn ihr nicht auf euern Verstand hört“, ermahnt uns das Gehirn. Das Herz hingegen fragt sich, ob es in Kolumbien wohl Hilfesysteme für all die im Drogensumpf versackten Menschen gibt?! Ein Einheimischer meinte, dass das Gesundheitssystem für jeden zugänglich sei, wobei sich nun wieder die Frage stellt, wie die Menschen um Himmels Willen ihren Weg dort hin finden sollen? Und ob die Kinder in der Schule etwas über Kolumbiens dunkle Vergangenheit zu Zeiten Pablo Escobars lernen, interessiert unser Gehirn. „Natürlich nicht, schließlich ist die Regierung viel zu sehr in diese Geschichte verwickelt“, erklärt uns ein Kolumbianer - und Herz & Hirn schütteln beide unverständlich mit dem Kopf. Immerhin sind sie sich hier einig, denn, dass Pablo Escobar weder über Herz und am Ende auch nicht mehr über Hirn verfügte, wird spätestens nach der Stadtführung klar! Doch genug der dunklen Geschichten… Kolumbien hat schließlich so viele tolle und vor allem bunte Ecken! Und während wir versuchen das Gehirn weiterhin in Schach zu halten, hoffen wir insgeheim, dass wir am 11. September auch unser Herz vom Heimflug überzeugen konnten und wir alle gemeinsam in der Abflughalle sitzen… das Herz wird schließlich auch Zuhause gebraucht.

Medellín

That could interest you too

*