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/ Surftrip Costa Rica Nicaragua

El Tránsito

Nicaragua, 23. November 2021
Sand zwischen den Zehen, Salz im Haar und die erste Welle bereits um 06.30 unter dem Board - welcome back to surf life!

Am Montag 22.11. nehme ich zum letzten Mal den Las Manos - Ocotal Bus, der mich von der Finca nach Ocotal bringt. Beim Tschüs sagen meint Tremiño ich müsse 'Hasta pronto' sagen, bei 'Adiós' käme man nie mehr zurück. Also: Hasta pronto Finca El Arbol!!

Mein 7 stündiger Bustrip bringt mich mit 2x umsteigen nach León. Eine weitere spanische Kolonialstadt, heute bekannt für ihre 200 Universitäten und entsprechend vielen jungen Leuten. Ich bin nur für eine Nacht hier und plane am nächsten Tag nach El Tránsito zu fahren, wo 1 Woche Surfen angesagt ist.

Ich bin der einzige Gast im Hostel El Albergue, es ist nicht gerade Touristensaison. Das Hostel ist sehr schön eingerichtet und der Besitzer schlägt vor, er könne mir am nächsten Tag eine grosse Tour durch die Stadt anbieten und mir dabei einiges über Nicaraguas Geschichte erzählen. Ich bin dabei, da ich das Beste aus meiner kurzen Zeit hier machen will.
Und so zeigt er mir verschiedene Plätze, den Markt und den ehemaligen Bahnhof und erzählt immer mal wieder aus der bewegten Geschichte Nicaraguas. Hier eine (etwas lange 😂) Zusammenfassung:

Spanien beherrschte während 300 Jahren bis ca. 1820 die Pazifikseite Nicaraguas. Die heutigen 'gente nicaragüense' (Nicaraguaner) sind eine Mischung aus Ureinwohnern und Spaniern. Die Atlantikseite, dort wo sich heute die beiden autonomen Regionen RAAN (Region Autonoma Atlantico Norte) und RAAS (Region Autonoma Atlantico Sur) befinden, wurden zu der Zeit von England regiert. Im Unterschied zur von Spanien beherrschten Pazifikseite, wo die Ureinwohner als Sklaven gehalten wurden, respektierten die Engländer die Kultur und Sprache der Ureinwohner auf der Atlantikseite. Dort blieben daher Ursprachen wie Miskito neben Englisch und Kreolisch erhalten und werden auch heute noch gesprochen.
Mit den Jahren will Nicaragua von Spanien unabhängig sein, was auch friedlich gelingt. 1839 wird Nicaragua ein eigenes Land, ist aber nicht bereit, sich selbst zu regieren. Nach einiger Zeit des Dahindümpelns, melden die USA Interesse an Nicaraguas Land. Nicaragua braucht dringend Geld und so wird im grossen Stil Land an die USA verpachtet. Während der Goldrauschzeit in den USA ist Nicaragua ein wichtiges Transitland zwischen Ost und West. Sogar der Bau eines Kanals und das alleinige Recht am zugehörigen Land werden den USA zugesprochen. Das Projekt wird allerdings nie realisiert.
Seit der Unabhängigkeit lieferten sich Granada, das katholisch und konservativer ist, und León, die reformierte und liberalere Stadt, immer wieder Machtkämpfe, die in bürgerkriegsartige Zustände ausarten. Dies wird vom Amerikaner William Walker ausgenutzt, der das Land mit seiner Söldnertruppe besetzt und sich danach sogar zum nicaraguanischen Präsidenten ausrufen lässt. Während den 1850er Jahren kann er durch eine Intervention der zentralamerikanischen Staaten vertrieben werden.
Während und nach dem ersten Weltkrieg ist Nicaragua bis ca. 1933 von den USA besetzt. General Augusto Sandino versucht in einem Guerillakrieg das Land zu befreien. Er wird 1934 von der Nationalgarde, die von den USA gegründet wurde, ermordet. Der Präsident der Nationalgarde, Anastasio Somoza, regiert das Land danach als Diktatur. 1979 wird Somoza von einem breiten Bündnis bürgerlicher Vertretern und Anhängern Sandinos (Sandinisten, Partei FSLN 》damals linksgerichtet, Sozialismus) gestürzt. Das Bündnis zerbricht kurz danach, weil die Sandinisten die alleinige Macht haben wollen und das Land regieren.
Ab 1982 formiert sich bewaffneter Widerstand gegen die sandinistische Regierung. Die sogenannte Contra Bewegung wird von den USA unterstützt. Zu dieser Zeit regiert Daniel Ortega, Mitglied der FSLN, erstmals Nicaragua. 1990 erklären sich die Sandinisten zu demokratischen Wahlen unter internationaler Beobachtung bereit. Überraschend geht der Wahlsieg an ein breites Parteibündnis aus 14 Parteien und Ortega ist somit abgewählt.
Danach wird das Land bis 2007 demokratisch geführt. 2007 gelangt Ortega in Wahlen erneut an die Macht. Im Unterschied zu früher ist die sandinistische Partei (FSLN) aber nicht länger dem Sozialismus / Befreiungskampf zugewandt, sondern zunehmend linksautoritär geprägt.
Wie dies heute aussieht habe ich ja bereits beschrieben: Ortega hat mit seiner Fmailie und Freunden alle wichtigen Departemente inne, lässt keine Opposition zu und hat keine Skrupel, sich auch mit unlauteren Methoden an der Macht zu halten.

Dank der kleinen Geschichtslektion kann ich endlich den Link zur heutigen politischen Situation in Nicaragua machen und versthe das Ganze etwas besser 😅.

Ich nehme ein Taxi nach El Trànsito und komme gerade rechtzeitig zum Znacht um 19.00 an. Es wird nur vegetarisch gekocht um die Dinge etwas zu vereinfachen. Wir essen ausserdem immer gemeinsam, um das Familyfeeling zu fördern. Für diese Woche habe ich mir ein Einzelzimmer gegönnt, da ich nach der Finca, wo ich nie allein war, das Bedürfnis habe, etwas zur Ruhe zu kommen.
Es ist auch eine rechte Umstellung, wieder in einem touristischen Setting zu sein, wo die grössten Herausforderungen das Beschaffen von guten Desserts, das Auswählen des Surfboards und das Entscheiden, wann man Surfen gehen soll, sind 😆.

Ich verbringe meine Tage meistens mit zwei mal Surfen, fast täglich Yoga, gutem Essen und viel lesen, schreiben und reflektieren über meine Zeit auf der Finca.

Das Surfen läuft super, die Wellen sind klein aber kräftig und langsam. Ich habe perfekte Bedingungen um zu lernen links und rechts der Welle entlang zu surfen, Drops zu üben und meine ersten Bottom-turns anzupeilen. Gegen Mitte Woche wechsle ich das erste Mal auf ein kürzeres Board in Shortboard Shape. Shortboards sind nicht nur kürzer, sondern aufgrund der Form auch deutlich wendiger und einfacher zu steuern. Noch nie habe ich mehr Wellen gesurft als an dem Tag! It's a revelation 🏄‍♀️! Nie mehr ohne Shortboard-Shape (ich kenne Leute die jetzt sagen werden: 'told you so!') 😆😂!

Gegen Ende Woche entscheide ich, drei Tage zu verlängern. Romana ist auch unterwegs im Norden und kommt nach El Tránsito ☀️🌊👭

Das Städtchen ist noch recht unberührt vom Tourismus. Es gibt 3, 4 Surfhostels, ein paar Restaurants und ein Cafe, wobei nur zwei etwas touristischer geführt und entsprechend etwas anderes als Reis und Bohnen mit Pollo/Pescado/Camarones anbieten. Die meisten sind momentan auch nur Freitag bis Montag geöffnet. Wie überall in Nicaragua darf man sich als Schweizer von den sehr einfachen Einrichtungen der Restaurants nicht abschrecken lassen: Das Essen ist sehr gut, Fisch und Meeresfrüchte ultrafrisch. Die Fischerboote fahren jeweils abends raus aufs Meer und kehren mit den ersten Sonnenstrahlen zurück. Die Fischer haben übrigens genauso Freude an den Wellen wie wir; ich beobachte mehr als einen Jungspund, wie er sein Boot mit Vollgas quer über die Wellen hüpfen lässt. Das 'Auswassern' ist auch sehr lustig zu sehen: da es ein reiner Sandstrand ohne Felsen ist, fährt man einfach mit Vollgas auf den Strand zu, stellt den Motor kurz vorher ab und hebt ihn rechtzeitig aus dem Wasser 😂. Die Fische werden am morgen früh direkt am Strand ausgenommen, Innereien und Schuppen wandern wieder ins Meer. Das Spektakel wird jeweils von einer Schar hungrigen Zopilote Vögel beobachtet, die es kaum erwarten können, sich ihre Portion Aas vom Fisch abzuholen 😅. Und im Ernst: es stinkt NIE am Strand! Brave Vögelchen 🐦! Und man sieht auch mal Leute mit je einem Fisch in der Hand am Strand entlang laufen. Waren mal eben Fisch einkaufen 😆.

Nebst den Restaurants gibt es zwei Tante Emma Läden, in denen man das Nötigste kaufen kann. In unserem Surfhostel ist wohl auch darum Frühstück und Abendessen inbegriffen. Zu Mittag koche ich mir dann doch 2 Mal wie auf der Finca Chaya (einen Mischung aus Kohlrabi und Kürbis 😂) mit Knoblauch und Zitrone, gekochte platano und frische Tomaten (die mittlerweile richtig gut schmecken).
Da das Hostel einen Pizzaofen hat (ist das eigentlich ein Zeichen 🤔😅?!) beschliesse ich an einem Mittag Pizza für alle zuzubereiten. Cassidy, eine Voluntärin im Hostel und einer der Besitzer sind begeistert und so gibts Pizza frisch aus dem Ofen. Nur vegi, dafür mit richtigem Mozzarella den ein paar Gäste bei ihrem Ausflug in die Hauptstadt (Managua) netterweise einkaufen. Unser Pizzalunch ist ein voller Erfolg und wir werden den Teig aus 2kg Mehl locker los.

Die Abende werden eingeläutet mit dem Sonnenuntergang um 17.30:
- auf dem Surfbrett: es wird nicht viel besser als auf goldenen Wellen zu surfen 🤩
- im Pool mit Blick auf den Strand
- an unserer Bar mit Blick auf den Strand und einem Margarita in der Hand
- bei den Tidepools in den Felsen
- auf dem Aussichtspunkt mit Blick auf ganz El Tránsito

Nach dem Znacht spaziert immer ein Grüppli ins nahegelegene Lädali um etwas Süsses oder Glace zu kaufen. Ansonsten lesen wir, spielen Kartenspiele oder es gibt eine Movie- oder Karaokenight. Ich ziehe sogar bei einer Gitarre 2 fehlende Saiten neu auf, mit Youtube Anleitung 😅. Die Bar ist öffentlich und spätestens am Freitag- oder Samstagabend kommen auch Locals und andere Kaffee- oder Hostelbetreiber vorbei. Dann wirds auch gut mal 2, 3 Uhr aber dank der Gezeiten hat sich die beste Surfzeit inzwischen von 6 Uhr auf 10.30 verschoben 😅.

Das Ende meiner El Tránsito Zeit verbringe ich neben dem Surfen mit Romana am Strand und Ende Woche fahren wir mit dem Mietauto weiter in den Süden, nach Popoyo.
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Nicaragua - El Tránsito - Nach dem Sonnenuntergang wirds erst richtig schön 1
Nach dem Sonnenuntergang wirds erst richtig schön
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