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/ Surftrip Costa Rica Nicaragua

Dipilto

Nicaragua, 12. November 2021
Preparan pan dulce con Ramón
4 Wochen Finca 'El Arbol':
Sauerteigbrot backen, Kaffeeproduktion von der Baby Kaffeepflanze zur getrockneten Bohne miterleben oder jeden Tag etwas besser Spanisch sprechen. Aber auch: seine bisherigen Überzeugungen in Frage zu stellen, immer wieder über den eigenen Schatten zu springen oder 'Chellita' genannt zu werden.

YEYYYY FIREWORKS! 🎊🌠🎉

Wahrscheinlich kann man es erahnen, die letzten 4 Wochen haben von der ganzen bisherigen Reise den grössten Eindruck hinterlassen.

Die ersten Tage hatte ich ja bereits etwas beschrieben. Insbesondere während des Yoga Wochenendes waren wir recht abgeschottet vom restlichen Personal der Farm, d.h. wir haben kaum Zeit mit den Mitarbeitern / Locals verbracht, entsprechend wenig Spanisch gesprochen und mitgearbeitet und hatten sehr westlich gegessen. Uuund: bereits nach 2 Tagen lassen mich die Insekten kalt, das Spinnenviech habe ich Pablo getauft und wer braucht schon einen Spiegel? (Okay ab und zu habe ich gemogelt und mich kurz in der Backofentür gemustert).

Anyway, ab Montag meiner 2.Woche gehts so richtig los mit dem Farmlife: ich stehe meistens um 05.30 auf, wenn ich mit den Tortillas helfe noch eine halbe Stunde früher (der Hahn kräht um 04.00 das erste Mal 😝). Es ist nicht streng, denn abends sind wir normalerweise um 21.00 im Bett. Ich liebe den Morgen auf der Finca: den ersten Sonnenstrahlen zuschauen, Kaffee oder Tee kochen mit Minze aus dem Garten, die frisch gebratene Tortilla mit Erdnussbutter und Banane verspeisen, Chicho kraulen...

Die Fincamitarbeiter starten ihre Arbeit um 06.00, um 08.00 frühstücken sie und danach begleite ich sie etwa jeden 2. Tag und helfe ihnen. Wir versuchen uns jeweils am Tag vor unserem Wunscheinsatz bei Adan anzumelden, der die Mitarbeiter einplant. Es sind diverse Aufgaben bei denen ich mithelfe:
- Babykaffeepflanzen: diese sind noch nicht fix gesetzt, sondern wachsen in Töpfen und stehen wie Soldaten in langen 4er Reihen. Man nennt diese Ansammlung von Babykaffeepflanzen 'vivero' (Pflanzengarten). Dort entferne ich an einem Tag Unkraut, das den kleinen Kaffeepflanzen die Nährstoffe 'wegzufressen' droht. An einem anderen Tag versorgen wir die Jungpflanzen mit frischem Kompost, den wir vorher gesiebt haben.
- Restliche Kaffeepflanzen: an zwei Tagen helfe ich, die Kaffeepflanzen rund um den Stamm am Boden mit Pflanzenmaterial zuzudecken, um die Sträucher vor Kälte zu schützen (in der Nacht fällt die Temperatur schon mal unter 10 Grad).
- Und an meinem ersten Tag mit Adan darf ich Kaffeekirschen pflücken! Es sind die ersten Tage der Ernte und es läuft langsam an, d.h. die meisten Pflanzen tragen erst wenige rote Kirschen. Ich liebe diese Arbeit, man ist für sich mitten zwischen den Kaffeepflanzen hoch über der Finca. Eine schöne Abwechslung, denn auf der Finca ist man selten allein. Bei einigen Kaffeesträuchern muss ich mich recht strecken und recken und kreativ sein, damit ich an alle Kirschen komme. Ich brauche 3 Stunden für 60 Pflanzen. Wie gesagt, es ist gerade erst der Anfang der Ernte und grösstenteils sind die Kaffeekirschen noch grün. Der Finca gehören 15 Manzanas Land, was einer Fläche von 1000 Aren entspricht, auf der ca. 35'000 Pflanzen angebaut sind. In wenigen Wochen wird hier also im grossen Stil zwischen den Pflanzen umhergestiegen. Das Land ist übrigens nicht flach, die Kaffeesträucher wachsen auf Hügeln im Halbkreis um die Finca.
- Nachdem die Kaffeekirschen gepflückt sind, folgen weitere Produktionsschritte bei denen ich dabei sein darf: die Kirschen werden fermentiert, damit sich das Fruchtfleisch besser vom Kern, der Kaffeebohne, löst. Das Fruchtfleisch einer roten Kirsche schmeckt übrigens leicht süsslich. Danach entpulpen wir die Kaffeebohnen, d.h. das Fruchtfleisch wird maschinell gelöst. In einem langen 'Trog', schon mehr eine Art Kanal, werden die Bohnen grob gewaschen. Mit einem Schwellensystem können restliche Fruchtfleischteile sowie faule oder wurmstichige Bohnen abgetrennt werden, denn diese schwimmen an der Oberfläche. Die Bohnen werden nachher zum Trocknen ins Trockenhaus gebracht. Auf mehreren riesigen Holzgestellen, die etagenweise mit dünnem Drahtgeflecht zu Beeten zusammengebaut sind, werden die gewaschenen Kaffeebohnen dünn ausgebreitet und in mehreren Tagen getrocknet, bevor sie für die vollständige Trocknung, Verpackung und Versand zu 'bridazul' gebracht werden.

Und so schmeckt der Finca Kaffee: ganz anders als ich es mir gewohnt bin! Denn: der Grossteil des Kaffees den ich (und die allermeisten Leute) in der Schweiz trinke, wurde dunkel geröstet (für Espresso). Je stärker die Röstung, desto mehr Aromen gehen verloren, während die Röstnoten verstärkt werden. Mit dem Rösten kann man einen Kaffee stark verändern, sogar ungewollte Aromen maskieren und so auch einen qualitativ schlechteren Kaffee als besser verkaufen. Für die Degustationen bei 'bridazul', oder auch bei Kaffeewettbewerben, wird der Kaffee heller geröstet. Dadurch lässt sich die Qualität besser bestimmen und das volle Aromaprofil entfaltet sich. Mir schmeckt der Kaffee so weniger bitter, dafür saurer, leicht süsslich und ich kann florale und fruchtige Noten herausschmecken. Meine Präferenz liegt aber auch nach 4 Wochen noch bei der dunklen Röstung 😆🙊.

Backen/Kochen/Sauerteig: Ich backe Brot und Brownies, probiere neue vegane Desserts aus und halte am Ende sogar einen Brot Workshop in Spanisch für die Fincamitarbeiter. Für das Brot setzen Benjamin und ich Sauerteig an, nebst Mehl und Wasser geben wir etwas fermentierte Mangokonfi dazu (jep, sehr niedriger Zuckergehalt und kein Kühlschrank = Fermentation). Die Kultur (Susanna hat sie Hermann getauft 🤣) gedeiht wunderbar und nach ein paar Tagen regelmässiger Fütterung haben wir unseren ersten Backtag. Es gibt helles Wurzelbrot und Focaccia aus dem Holzofen auf der Fincaveranda. Mit der Temperatur müssen wir noch etwas üben (die Kohleschicht auf der Focaccia ist 5mm dick 🤷‍♀️) und ich muss mein Ego beruhigen weil Benjamins Brot viel schöner und besser ist als meins, aber ich bin doch Bäcker?! Er ist Lehrer, also ist wenigstens der Knowhow Transfer sichergestellt 😝
Unser Brot findet Anklang bei den Mitarbeitern, vor allem bei Tremiño, der vor seiner Fincazeit in einer Bäckerei gearbeitet hat. Irgendwann stelle ich sogar meine ersten Gipfeli zu Hause her, so richtig mit Butter. Dafür bauen wir einen Kühlschrank aus einer Styroporbox und mit Säcken gefülltem Eis (immerhin eine Tiefkühltruhe haben wir auf der Finca 😅). Die Gipfel sind optisch nicht ganz so blätterig wie ich es mir wünschen würde, aber geschmacklich kriegen sie definitiv 5 Sterne. Als Tim Willems wieder einmal nach Managua fährt, geben wir ihm eine Liste mit Zutaten mit: man bekommt nämlich nur Weissmehl hier, und weisses Brot ist auf Dauer langweilig und eher ungesund. Siehe da: es gibt auch in der Hauptstadt nur Weissmehl aber Tim findet Kleie! Wir sind super excited, denn damit kann man selber Vollkornmehl mischen! Ausserdem auf der Poschtiliste: 3 kg geröstete Erdnüsse, weil jeder Volunteer täglich locker 50g Erdnussbutter verputzt. Ja es ist so einfach: Erdnüsse in den Mixer, voll aufdrehen, evtl. noch einpaar Tropfen Öl dazu und fertig ist unser 'Genussmittel'.

In meiner 3. Fincawoche findet der Brot Workshop statt. Claudia und Tim haben mich gebeten, einen durchzuführen. Sie haben schon einmal Bananenbrot mit den Mitarbeitern gebacken, was grossen Anklang fand. Ich hätte viele Ideen, was wir herstellen könnten, entscheide mich der Einfachheit halber aber für 2 Sorten Brot aus dem Holzofen und vegane Brownies, die wir über dem Feuer kochen wollen. Über dem Feuer, weil alle Mitarbeiter zu Hause auf einem solchen Feuerherd kochen. Wir verwenden ausserdem nur Zutaten, die sie in Ocotal bekommen. Die veganen Brownies sind interessant, weil sie die wohlbekannten roten Bohnen (frijoles) enthalten. Die meisten Leute hier WOLLEN ihre Horizonte bezüglich Essen nämlich nicht unbedingt gross erweitern. Wir teilen auf, ich zeige und erkläre - in Spanisch 🙈🙊🙏! - wie man den Teig zubereitet, was Gluten ist, weshalb man den Teig lang genug kneten muss, wie man den Holzofen richtig einheizt...
Die Mitarbeiter legen in Gruppen selber Hand an, sie trauen sich kaum und ich muss ihnen am Anfang gut zureden. Dann tauen sie etwas auf und bald ist ein reger Wettbewerb im Gange: wer am besten knetet und den schönsten Teig bekommt. Sie sind - wie ich früher auch - etwas überfordert mit den klebrigen Fingern. Aber sehr interessiert, sie wollen einiges wissen und fordern meine Spanischkenntnisse. Ich habe mir Zettel vorbereitet, mit einigen Stichworten, damit ich den Workshop überstehe. Am Ende ziehen wir 4 schöne Brote aus dem Ofen und die Mitabeiter bestaunen ihr Werk. Ich bin fix und fertig (wegen dem Spanisch) aber glücklich. Da es schon etwas spät ist, werden die Brote am nächsten Tag aufgeschnitten und als Zugabe zu Tortillas, Reis und Bohnen verspiesen. Die einen mögen das Brot sehr gut, den anderen fehlt der Zucker. Das Brot, das in Nicaragua traditionell gebacken wird, heisst 'pan dulce', ähnelt unserem Zopf, ist aber süsser. Dann gibt es 'pan simple' das eher an ein Hamburgerbrötchen erinnert und keinen Zucker enthält. Das wärs dann mit dem Brot, nebst von den USA eingeführten Toastbroten. Einer der Mitarbeiter, Ramón, ist selber ein begeisterter Hobbybäcker von 'pan dulce' und voll mit dabei am Workshop. Am Ende sagt er mir, ich solle unbedingt an einem Sonntag zu ihm nach Hause kommen, denn er will mir zeigen, wie man 'pan dulce' herstellt. Ich freue mich riesig über die Einladung und verlängere darum 1 Woche. Ich hatte schon länger darüber nachgedacht aber das Angebot, mit einem Local Brot zu backen, in seinem Daheim, macht mir die Entscheidung einfach. Denn natürlich verliere ich dadurch eine Woche Surfzeit. Well you can't have it all 🤷‍♀️!

Während den 4 Wochen fahre ich mehrere Male nach Ocotal, meist zusammen mit einem der Girls, um einzukaufen, Spanischlektionen zu nehmen oder mir bei Bridazul (der Kaffeetrocknerei / Export) etwas anzuschauen. Diese Trips sind recht anstrengend, da es in Ocotal immer mindestens 5 Grad wärmer und 100% sonniger ist als auf der Finca. Ausserdem ist da viel mehr los, ein Gewusel von Mopeds, Ständen und Marktschreiern. Und ja, es ist auch eine kulturelle Konfrontation: der übervolle laute Bus, in dem sich der 'Kondukteur' selbst bei vollgestopftem Gang noch an den Passagieren vorbeizwängt um das Geld für die Fahrt einzukassieren. Auf den Strassen angestarrt, belästigt oder 'Chellita' (whitie, Weisse) genannt zu werden. Mir persönlich macht dies wenig aus, im Bus bleibe ich ruhig, die Blicke und Sprüche ignoriere ich oder starre zurück. Und bei 'Chellita': ich bin nicht beleidigt oder fühle mich angegriffen, es ist auch mal gut zu sehen, wie es sich anfühlt auf der 'anderen Seite' zu stehen, in der Minderheit. Von Kindern neugierig bestaunt oder von Erwachsenen im Bus ausgelacht zu werden, weil man seinen Stopp verpasst hat. Im Allgemeinen habe ich die Nicaraguaner sehr freundlich und hilfsbereit erlebt. Und es gibt ja immer noch das Universalmittel: Ein Lächeln hilft extrem viel 🙏❤!

Das kommende Wochenende wird action packed: Am Freitag wird unsere Sauerteigkultur schön angefüttert für unseren Backtag mit Tim und Claudia am Sonntag. Am Samstag fahren wir Mädels mit dem Bus nach Somoto und besuchen den gleichnamigen Canyon. Die Landschaft ist beeindruckend: hohe helle Felswände, manchmal mit dunkleren Stellen, die wie Gesichter aussehen. Kaltes Süsswasser in dem wir kilometerweit schwimmen, um dann wieder zu Fuss weiterzugehen und von der einen oder anderen Klippe zu springen. Sogar ein Rinderskelett finden wir, blitzsauber abgenagt von den Zopilote Vögeln, die Aasfresser sind. Die Tour dauert ganze 6 Stunden und als wir an den Ausgangspunkt zurückkehren, ist es bereits dunkel und ich friere das erste Mal, seit ich in Zentralamerika angekommen bin. Glücklicherweise können wir mit unserem Tourguide aushandeln, dass er uns zurück zur Finca fährt, denn der letzte Bus ist längst weg (der letzte Bus fährt um 17.00! Mal wieder Zeit, das Schweizer ÖV Netz zu loben 😅). Wir setzen uns alle auf die Ladefläche seines Pick up Trucks, er gibt uns ein paar Decken und wir packen unseren restlichen Proviant aus. Dann fahren wir in 90 Minuten zur Finca, den Wind in den Haaren und über uns der Sternenhimmel 🌠. Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas wie 'meine beste Autofahrt ever' gibt, aber die wars wohl! Und obwohl wir an mehreren Polizisten vorbeikommen: No one gives a shit, dass wir zu fünft auf der Ladefläche hocken und mit 70 durch die Landschaft brettern 🤷‍♀️😅
Am Sonntag ist also eine unserer Sunday Funday Brotsessions. Tim und Claudia kommen kurz nach 10 an und bringen auch gleich noch ein paar Freunde mit. Wir backen drei verschiedene Sorten Brot (Focaccia Nr. 2 und zwei verschiedene Vollkornbrote) und Brownies im Holzofen. Claudia kocht für alle eine nicaraguanische Suppe zum zMittag und wir verteilen die noch leicht warmen Brote zusammen mit Olivenöl und Salz. Sie schmecken völlig unterschiedlich, von der knusprigen, leicht säuerlichen Focaccia zum rustikalen Vollkornbrot bis zum deutlich saureren Vollkornbrot Nummer 2. Nachdem alle satt bis überessen sind, kommt die Überraschung: Claudia hat 2 ihrer Musikerfreunde eingeladen und zusammen mit ihrem Sohn spielen sie zwei Stunden lang nicaraguanische Musik! Es geht von fröhlich zu melancholisch und wieder zurück. Wir geniessen und klatschen ab und zu im Takt mit. Am Ende landen wir bei 'Wonderwall' und 'Knockin' on heavens door' und Tim, Benjamin und ich singen lauthals mit.

Wenn ich nicht mit den Kaffeearbeiten oder Brotbacken beschäftigt bin, gibt es noch viel Anderes:
- Im Garten Unkraut jäten für Tremiño und dabei prompt 2 Pflanzen rauszuhauen, die kein Unkraut waren 🙈 Und er so: Jolanda, con cuidado! concentraste! Tranquillo!
- Mandarinen und Orangen pflücken (man kann richtig gut klettern auf diesen Bäumen 🤩).
- Mit Benjamin stundenlange Debatten zu führen über Politik, Wirtschaft, Covid-19, Ernährung, Liebe, Bildung...und meistens nicht gleicher Meinung zu sein 😝 Mi amigo, muchas gracias por todo, espero que discutimos en el futuro también!
- Je nach Ämtliplan das Bad, die Küche oder den Boden zu putzen, oder das Beste: Mais für die Hühner mahlen
- Mit Gela und Rosco, zwei vierbeinigen Energiebündeln, auf Sonnenuntergangsspaziergang zu gehen
- Tortillas backen morgens in der Früh. Am liebsten mit Tortilla Meister Tremiño. Als ich beim ersten Mal um 05.15 auf der Matte stehe, meint er: 'el primero es el cafe! Zuerst trinken wir einen Kaffee!' Eingeweichte Maiskörner werden mit etwas Wasser in einer mindestens 60jährigen Maschine fein vermahlen. Das sind alle Zutaten!! Aus dem Teig werden kleine Patties geformt, die dann mit der Tortillapresse flach gedrückt werden. Auf dem heissen Comal (einer leicht konkaven Stahlscheibe) werden die Tortillas über dem Feuer gebraten bis sie Blasen werfen, dann sind sie fertig. Täglich backen wir etwa 50-80 Stück.

Während meiner Zeit auf der Finca fanden auch die Präsidentschaftswahlen statt. Ich habe bereits angedeutet, dass es nicht wirklich etwas auszuwählen gibt. Nicaragua ist faktisch eine Diktatur mit Daniel Ortega als Präsident und seiner Frau als Vize Präsidentin. Nur schon dieser Umstand lässt aufhorchen. Zudem sind alle wichtigen Departemente an Familienmitglieder oder Freunde des Präsidenten vergeben. Seit 2014 hat sich langsam eine Opposition gebildet und immer mehr Nicaraguaner fordern den Rücktritt Ortegas. Vor 3 Jahren hat Daniel Ortega entschieden, die Steuern zu erhöhen und Sozialleistungen zu kürzen, was zu massiven Protesten vor allem von Studenten geführt hat. Die Proteste wurden von der Regierung mit viel Gewalt unter Kontrolle gebracht, dabei starben etwa 400 Menschen. Für die diesjährigen Wahlen hätte es sehr wohl eine Opposition gegeben, nur wurde von der Regierung sichergestellt, dass die Kandidaten sich nicht mehr zur Wahl stellen können. Zum Beispiel weil sie kurzfristig für angebliche Vergehen verhaftet wurden, bei denen die Unschuld schwierig zu beweisen ist. Viele haben daher befürchtet, dass es während der 'Wahlen' zu grösseren Ausschreitungen kommen wird. Die Gewaltausbrüche von 2018 scheinen den Menschen allerdings noch zu stark in Erinnerung zu sein, denn im ganzen Land verlief das Wahl-Wochenende ohne grössere Unruhen. Wir waren von Claudia gebeten worden, an diesem Wochenende auf der Farm zu bleiben und nicht nach Ocotal zu fahren. Leider kann ich nicht mehr dazu sagen. Ich hoffe Nicaragua findet in den nächsten Jahren den Weg aus der Korruption und kann sich in Richtung einer gesunden Demokratie bewegen.

In meiner letzten Woche auf der Finca darf ich gleich bei zwei Einheimischen über die Schulter schauen während sie typische Nica Produkte herstellen. Interessiert mich natürlich brennend mit meinem beruflichen Hintergrund. Zuerst bei Claudias Tante, die seit vielen Jahren Cuajara, eine Art Frischkäse, herstellt und verkauft. Dazu wird zuerst der Rahm von der Rohmilch abgeschöpft, dann werden die Enzyme (Lab) zugegeben, die dafür sorgen, dass das Milcheiweiss gerinnt und sich von der Molke trennt. Nach einer knappen Stunde können die brockig geronnenen Milchbestandteile mit etwas Salz gemischt, ausgepresst und zu Kugeln geformt werden. Der Cuajara schmeckt mir sehr gut und wir kaufen der Produzentin gleich drei Stück ab. Yeyyy endlich wiedermal Milchprodukte essen 😅Ohne Kühlschrank, im kühlen Wasser gelagert, hält sich der Käse gerade die 3 Tage, die wir brauchen um ihn zu essen.
An meinem letzten Sonntag auf der Finca backen wir nochmals richtig viel Brot. Und bevor das Fincabrot an der Reihe ist, gehe ich zu Ramón, um zu sehen wie man 'pan dulce' bäckt 🤩. Er empfängt mich freudig aber bevors an die Arbeit geht, essen wir erstmal - guess what - Reis, Bohnen und Tortillas mit etwas Cuajara. Er wohnt in einem kleinen einstöckigen Häuschen, das eigentlich nur aus einem grossen Innenraum, der gleichzeitig Schlafzimmer und Stube ist, besteht. Sein 4jähriger Sohn hat seine Ecke mit eigenem Bett auch darin. Vor diesem Zimmer befindet sich eine grosse Veranda und zur Strasse hin ein dichter Garten mit vielen Sträuchern, Bäumen und Blumen. Die Küche ist in einem separaten Raum untergebracht. Auf 2 Seiten hat es je eine Türe, an der Längsseite ein Fenster. Die Küchenmöbel (ein Metallgestell mit Küchengeschirr, ein Holzgestell mit Lebensmitteln und der Feuerherd für 2 Töpfe) stehen direkt auf der Erde, ohne zusätzliche Stein- oder Zementschicht. Abgewaschen (und Kleiderwäsche) wird wie auf der Finca draussen, an einem Steintrog. Während meiner Zeit auf der Finca wurde mir mehr als einmal bewusst, wieviel Sauberkeit wir uns in der Schweiz gewohnt sind und wie wenig eigentlich nötig wäre. Natürlich sind sich unsere Körper noch nicht so gewohnt, aber in meiner ganzen Zeit hier hatte ich nie eine Lebensmittel- oder Wasservergiftung (obwohl ich oft genug vom Hahn trinke). Der Ofen befindet sich draussen, er ist mit Holz beheizt aber anders als der Ofen auf der Finca, brennt das Feuer unterhalb des Backraums. Dieser besteht aus einem metallenen Ölfass und enhält zwei Roste auf denen die Bleche eingeschoben werden.
Wir backen 'pan dulce' aus 1.5kg Mehl, dazu kommt Milch, Rahm, Eier, Salz, Hefe und etwas Zucker. Der Teig wird gut geknetet, zu kleinen Figuren à ca. 50g geformt und mit Zucker bestreut. Das Backen geht zackzack, in 10 min ist ein Blech 'pan dulce' Figuren fertig. Mein Spanisch ist mittlerweile deutlich besser und Ramón gibt sich viel Mühe mit erklären. Wir unterhalten uns während der Backerei über Brot und er sagt mir er wolle unbedingt lernen, wie man Gipfel bäckt (er hat ein paar Tage vorher meine probiert). Ich verspreche ihm, dass ich das Rezept und die Anleitung auf der Finca lasse und dass Benjamin ihm gerne zeigt wies geht.

Ja und so waren meine 4 Wochen Fincalife in etwa....

Grösste Herausforderung:
Spanisch, Spanisch, Spanisch: immer weiter zu machen, sich dazu pushen spanisch zu sprechen und geduldig zu bleiben, auch wenn das Gegenüber wohl langsam die Geduld zu verlieren scheint.

Das schönste Erlebnis:
Es wäre schade, sich für eines zu entscheiden. Ganz allgemein kann ich aber sagen, dass das Leben auf der Finca mit vielen meiner persönlichen Werte übereingestimmt hat. Und die erfrischende Atmosphäre von Veränderung und Möglichkeit, die ich gespürt habe, hat mir sehr gut gefallen. Schwierig zu erklären, aber dieser Blog ist ja auch für mich, nicht nur für meine Familie und Freunde 😉
So klar konnte ich das beim Abschied von der Finca übrigens nicht beschreiben, da hat es sich eher so angefühlt:

Man nehme meine Persönlichkeit, meine bisherigen Erfahrungen und Überzeugungen und stecke sie mit allen neuen Erlebnissen der Farm in den Mixer. Und dann einmal voll aufdrehen!

Da hilft nur 1 Kur surf, eat, sleep, repeat bis sich der Sturm gelegt hat...
Vamos a la playa 🌴🌊☀️

Muchas gracias Claudia, Tim y todos de la Finca 'El Arbol' por mi experiencia ❤
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