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/ Achterbahn um die Welt

Nepal, 15. March 2023
Schritt für Schritt

4.00 Uhr. Der Wecker klingelt. Sofort schälen wir uns aus den warmen Schlafsäcken, ab in die Kälte. Wir sind angespannt. Die letzten Tage waren hart. Eine Magenverstimmung und eine schmerzende Achillessehne hatten uns zugesetzt. Zudem sind wir 2 Etappen an einem Tag gelaufen, auch das spüren wir an diesem frühen Morgen. Doch da müssen wir jetzt durch. Heute steht die Passüberquerung an. Der höchste Punkt der Tour, danach geht es nur noch runter. Wir ziehen uns Schicht für Schicht an, grinsen uns mutmachend zu. Die Stirnlampen und Rucksäcke werden aufgesetzt und los geht’s. Steile Serpentinen warten gleich zu Beginn auf uns und ich (Lu) merke, wie schwer mir schon die ersten Schritte fallen. Im Schneckentempo quäle ich mich durch die kalte Dunkelheit. Eddy dreht sich immer wieder um und ruft mir ein motivierendes „Ganz langsam, Schritt für Schritt“ zu. Ganz langsam? Dann brauchen wir Jahre bis wir den Gipfel erreichen! Wie soll ich das so lange in der Kälte aushalten? Wie soll ich den ganzen Weg nur schaffen? Wer kam überhaupt auf diese beschissene Idee hier? Kann ich mich einfach in den Schnee legen? Wer wird mich dann finden? Oder sollte ich umkehren? Die Gedanken rasen. Doch es hilft alles nichts. Schritt für Schritt. Auch Eddy hat zunehmend mit der Kälte zu kämpfen, da er aufgrund meines langsamen Reisetempos keine Chance hat warm zu werden. Und wo bleibt eigentlich die verdammte Sonne wenn man sie mal braucht?? Wütend vor Kälte und Erschöpfung stapfen wir durch den nervtötenden Schnee. Dann, ganz langsam kämpft sich die Sonne durch die dunkle Wolkendecke. Es wird wärmer. Zumindest ein bisschen. Zum Glück, denn ich bin mir sicher, dass sich sonst ein paar meiner Zehen verabschiedet hätten. Wärmekissen und eine Thermoskanne, die ich mir an die Füße halte, helfen ebenfalls auf der Hälfte der Strecke. Die unglaubliche Landschaft um uns herum können wir in dem Moment des Aufstiegs nur wenig genießen. Doch dafür umso mehr, als wir dann endlich nach 5 Stunden die wehenden Gebetsfahnen entdecken, die den Gipfel auf 5.416 m markieren. Wir können sogar lachen - und wie! Wir haben es geschafft. Erschöpft, erleichtert und stolz umarmen wir uns. Wie alle Wanderer auf dem Gipfel, die es geschafft haben. Wir stoßen an, mit einem Snickers, auf uns, auf das Leben und auf die unglaublichen Berge des Himalaya und wissen im gleichen Moment, dass heute auch noch ein Abstieg von rund 1.700 m vor uns liegt. Doch Schritt für Schritt. Erst mal genießen wir diesen Triumph!

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