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/ Wildes Rajasthan 2024

Amritsar

Indien, 31. October 2024
Tempelwachen, die darauf achten dass sich alle an die Regel halten und den heiligen Ort nicht entweihen.
Amritsar – Das Herz der Sikh-Spiritualität

Nur 1,5 Stunden Flugzeit von Delhi entfernt liegt Amritsar, im indischen Bundesstaat Punjab – nahe der Grenze zu Pakistan. Schon beim Landeanflug wird mir klar, dass ich mich in einer ganz besonderen Region Indiens befinde. Im Flugzeug fallen mir sofort die vielen Turbane auf: jedes Stück kunstvoll gewickelt, ein Symbol von Glauben, Würde und Identität. Jeder gläubige Sikh trägt ihn – ein tägliches Ritual, das rund 30 Minuten dauert. Dazu der lange Vollbart und der kleine, stets mitgetragene Säbel, der für Schutz und Mut steht.
Mein Hotel liegt ganz in der Nähe des Goldenen Tempels – dem spirituellen Zentrum der Sikhs. Fahrzeuge sind in diesem Viertel verboten, was bei Indiens sonstigem Verkehrslärm eine Wohltat ist. Die letzten 800 Meter gehe ich zu Fuß, vorbei an kleinen Läden, Pilgern und Duftschwaden von Gewürzen. Das Hotel selbst ist einfach, fernab von touristischem Luxus, aber sauber und herzlich geführt.

Trotz der Müdigkeit zieht es mich direkt zum Tempel – das Herz Amritsars.

Am Eingang heißt es: Schuhe im Schuhhaus abgeben, Taschenkontrolle (kein Alkohol, keine Zigaretten), dann die rituelle Fußwäsche. Erst dann darf man den Tempelbezirk betreten – und sofort umfängt mich eine Atmosphäre, die schwer in Worte zu fassen ist.

Im Zentrum: der Goldene Tempel, der in der Sonne glänzt wie flüssiges Licht, umgeben von einem heiligen See. Rundherum Menschen, die beten, singen oder schweigend meditieren. Viele Sikhs baden im Wasser, das symbolisch von Sünden und Krankheiten reinigt.

Was mich besonders beeindruckt: die Offenheit. Der Tempel steht allen Religionen offen, Männer und Frauen sind gleichberechtigt, es gibt keine Kasten, keine Hierarchie. Die Sikh-Religion ist zutiefst friedlich – Töten ist verboten, auch von Tieren. Deshalb leben die meisten Sikhs streng vegetarisch.

Langar – Die größte Gemeinschaftsküche der Welt

Wer Hunger hat, ist willkommen. In der riesigen Tempelküche (Langar) wird jeder Gast kostenlos bewirtet – ganz gleich, welcher Religion oder Herkunft. Die Mahlzeiten werden von Freiwilligen gekocht und aus Spenden finanziert. Ich bekomme ebenfalls ein einfaches, aber unglaublich schmackhaftes Essen angeboten und spende gerne etwas zurück.

Bemerkenswert: In Amritsar sieht man kaum Bettler. Hier scheint das Gemeinschaftsgefühl wirklich zu funktionieren.

Am Nachmittag fahre ich zur rund 30 Kilometer entfernten Grenze zu Pakistan, nach Wagah. Jeden Abend findet hier eine fast theatralische Zeremonie statt: das feierliche Einholen der Flaggen. Auf beiden Seiten der Grenze stehen riesige Tribünen – Indien und Pakistan, Seite an Seite, getrennt durch ein schmales Tor und einen Stacheldrahtzaun.

Die Atmosphäre gleicht einem Volksfest: laute Musik, jubelnde Menschen, wehende Fahnen. Soldaten marschieren mit atemberaubender Präzision – Beine werden bis zur Zehenspitze in die Luft geschleudert, Befehle hallen über die Lautsprecher. Es ist gleichzeitig martialisch und faszinierend – ein Schauspiel nationaler Stärke, Stolz und Ritual.
Nach der Zeremonie schließen sich die Tore, und tausende Zuschauer strömen zu ihren Autos. Ich habe Glück, entkomme dem drohenden Stau und bin schnell wieder unterwegs zurück nach Amritsar.

Magie bei Nacht

Zurück am Goldenen Tempel erlebe ich den Ort ein zweites Mal – diesmal bei Nacht. Das goldene Heiligtum spiegelt sich im schwarzen Wasser des Sees, umgeben von Lichtern und Gesängen. Die Stimmung ist still, erhaben, fast unwirklich schön.

Ich sitze lange am Rand, beobachte die Pilger, die sanft beten, und denke: Amritsar ist mehr als ein Reiseziel. Es ist ein Gefühl – von Frieden, Gleichheit und Menschlichkeit.

Amritsar hat mich tief beeindruckt. Der Goldene Tempel ist nicht nur ein architektonisches Wunder, sondern ein Symbol für eine Religion, die Toleranz, Mitgefühl und Gleichheit wirklich lebt. Wer Indien bereist, sollte sich diesen Ort nicht entgehen lassen – er öffnet Herz und Geist gleichermaßen.
Gläubiger Sikhs, die vor einem der Haupttempel beten.
Ein Sikh mit Mächte Turban, langem Bars und dem Sebel
Die Religion der Sikhs wird über Gesänge, Musik und Ferse verbreitet. Eine Sammlung von Weisen Sprüchen, die einem auf dem richtigen Weg durchs Leben helfen sollen.
Die große Tempelküche gewaltige Töpfe und Pfannen, in denen tausende Mahlzeiten 24 Stunden am Tag gekocht werden.
Töpfe für Masala Tee und Dahl.
Eine der Tempelverpflegungsstellen, auch ich durfte hier essen.
Wagah, der einzige Grenzübergang zwischen Indien und dem Erzfeind Pakistan.
Grenzparade der Grenzschliessung
Die Soldaten schleudern beim Marsch unter dem tosendem Beifall der zumeist indischen Zuschauer ihre Beine fast bis zur Nasenspitze. Unglaublich..
Abends beten Gläubige im prachtvoll beleuchten Tempel und am Ufer des heiligen Sees
Eine friedliche Stimmung in mitten eines lauten und quietschenden Indiens.

Amritsar

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