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/ Wildes Rajasthan 2024

Agra

Indien, 19. November 2024
Ein letzter Morgen in Agra – Zwischen Nebel, Sonne und Geschichte

Neues Spiel, neues Glück?
Nach dem gestrigen, nebligen Besuch beschloss ich spontan, dem Taj Mahal noch eine zweite Chance zu geben. Vielleicht würde sich heute die Sonne zeigen – und wenn nicht, so dachte ich mir, bin ich immerhin an einem der schönsten Orte dieser Welt.

Da es noch Nebensaison war, bekam ich mein Ticket direkt an der Kasse. Die rund 21 Euro Eintritt waren mir völlig egal – schließlich, wie oft im Leben steht man schon zweimal frühmorgens am Tor des Taj Mahal?

Diesmal war der Nebel zwar nicht ganz so dicht wie am Vortag, doch auch heute ließ sich der Sonnenaufgang nur erahnen. Der Himmel blieb grau, das Licht diffus, die Kuppeln verschwanden im Dunst. Und trotzdem: der Ort hatte Magie. Ich beschloss, einfach zu bleiben – so lange, bis sich die Sonne zeigt.

Während ich wartete, nutzte ich die Zeit, um das Innere des Mausoleums zu besuchen.

Drinnen ist es kühl und still. Nur das leise Murmeln der Besucher hallt unter der hohen Kuppel wider.
Im Zentrum der Halle liegen die Kenotaphe – die symbolischen Grabmale von Mumtaz Mahal und Shah Jahan.

Mumtaz ruht genau im Mittelpunkt, denn das Mausoleum wurde allein für sie erbaut.
Das Grab von Shah Jahan wurde später daneben platziert – eine kleine, menschliche Asymmetrie in einem Bauwerk, das sonst vollkommene Symmetrie verkörpert.

Die echten Gräber der beiden Liebenden liegen eine Etage tiefer, in einer schlichten Krypta, die für Besucher verschlossen ist. Nur die prächtig verzierten Marmorgräber im Hauptraum sind zu sehen – überzogen mit filigranen Pietra-dura-Mustern aus Halbedelsteinen, die selbst im diffusen Morgenlicht geheimnisvoll schimmern.

Gegen 11 Uhr dann der Moment, auf den ich gehofft hatte:
Der Nebel begann sich zu lichten, und langsam kam der blaue Himmel zum Vorschein. Die Sonne brach durch, und plötzlich erstrahlte das Taj Mahal in seinem vollen Glanz.

Das weiße Marmor reflektierte das Licht, die Edelsteine glitzerten, und im Wasserbecken davor spiegelte sich das gesamte Bauwerk – ein Traum aus Licht und Stein.
Ich war einfach nur glücklich, gewartet zu haben. Es war, als hätte das Taj Mahal mir zum Abschied noch einmal sein schönstes Gesicht gezeigt.

Am Mittag machte ich mich auf den Weg zum Roten Fort von Agra, nur wenige Kilometer entfernt.
Schon beim Näherkommen beeindruckt die mächtige Mauer aus rotem Sandstein – über zweieinhalb Kilometer lang, ein Symbol der Macht der Mogulkaiser.

Erbaut wurde die Festung im 16. Jahrhundert von Kaiser Akbar. Seine Nachfolger erweiterten sie zu einem prachtvollen Königspalast, mit filigranen Pavillons, weiten Innenhöfen und kunstvoll verzierten Marmorgebäuden. Besonders beeindruckend fand ich den Musamman Burj, einen Marmorturm mit Blick auf das Taj Mahal.

Hier soll Shah Jahan, der Erbauer des Taj Mahal, seine letzten Jahre in Gefangenschaft verbracht haben – entmachtet von seinem eigenen Sohn.
Tag für Tag soll er vom Balkon aus auf das Grabmal seiner geliebten Mumtaz geblickt haben.
Ein tragisches, aber zutiefst menschliches Kapitel einer großen Liebesgeschichte.

Am Nachmittag führte mich mein Weg noch zu einem eher unbekannten Ort: dem „kleinen Taj Mahal“, dem Itimad-ud-Daulah Mausoleum.

Oft wird es als Vorläufer des großen Taj Mahal bezeichnet – und tatsächlich erkennt man die Ähnlichkeiten. Weißer Marmor, kunstvolle Einlegearbeiten und ein wunderschöner Garten direkt am Yamuna-Fluss.
Doch im Gegensatz zum berühmten Zwilling herrscht hier friedliche Ruhe. Nur wenige Besucher, Vogelgezwitscher, das Rauschen des Windes.

Erbaut wurde das Mausoleum von Nur Jahan, der mächtigen Kaiserin und Ehefrau Jahangirs, für ihren Vater Mirza Ghiyas Beg – den Großvater von Mumtaz Mahal.
Damit schließt sich hier, am stillen Flussufer, der Kreis dieser ganzen Geschichte.

Zurück im Resort wartete ein köstliches Abendessen auf mich – und das gute Gefühl, diesen letzten Tag in Agra so intensiv erlebt zu haben.
Morgen geht es weiter nach New Delhi und von dort zurück nach Deutschland.

Agra

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